Keine Panik…

dont-panic

…und hab ein Handtuch dabei.
So die grundlegende Empfehlung aus dem Reiseführer “Per Anhalter durch die Galaxis”. Über die Sache mit dem Handtuch lässt sich bestimmt streiten, aber nicht in Panik zu verfallen ist auf jeden ein guter Tipp. Doch ich stelle immer wieder fest, dass das leichter gesagt als getan ist. Richtige Panikattacken sind bei mir schon seit über einem Jahr nicht mehr aufgetreten, aber das Gefühl der Panik, ausgelöst durch scheinbar triviale Dinge, macht sich dennoch ab und an bei mir breit. Und ich hasse es.

“Panik ist ein Zustand intensiver Angst vor einer tatsächlichen oder angenommenen Bedrohung. Sie ist eine starke Stressreaktion des Organismus auf eine oft unerwartete und erschreckende Situation und geht einher mit vielfältigen vegetativen und körperlichen Symptomen. Dabei kann es unter Umständen zu einer Einschränkung der höheren menschlichen Fähigkeiten kommen.” Quelle

Für mich ist Panik ganz stark mit dem Gefühl der Überforderung verbunden. Bislang habe ich noch nicht herausgefunden, welche Faktoren zusammenkommen müssen, sodass alltägliche Aufgaben bzw. Erledigungen Panik in mir auslösen. Aber ich kann versuchen, euch zu beschreiben, was in mir abläuft:

  • Es steigt eine wahnsinnige Unruhe in mir auf.
  • Ich bekomme Magenschmerzen.
  • Ich fange an, flacher zu atmen.
  • Die anstehenden Aufgaben erscheinen mir einfach nicht zu bewältigen, da ich das Gefühl habe, alles müsste sofort und gleichzeitig erledigt werden.
  • Das kann sich dann noch steigern, wenn mir noch andere Aufgaben einfallen. Dann geht in meinem Kopf folgendes ab: “Und das auch noch?…. Und das muss ich auch noch machen?…” Im Prinzip wird alles – auch das, was ich freiwillig tun möchte, wie z.B. Klavierspielen oder Sport machen – zu einer großen Last.
  • Parallel sind da sowohl die Angst, dass ich das alles nicht schaffe, und die Befürchtung, wann da denn überhaupt noch Zeit für mich bleibt.
  • Kritisch wird es, wenn die Resignation eintritt, ich also denke: “Wenn ich’s eh nicht schaffe, dann brauche ich erst gar nicht anfangen was zu tun.” Denn das kann ein böser Teufelskreis werden.

Diese Unruhe ist ein altbekanntes Gefühl von mir. Schon seit langem kommt es vor, dass ich manchmal abends nicht einschlafen kann, weil in meinem Kopf die ganzen Dinge kreisen, die erledigt werden sollen. Manchmal kommt auch so eine ganz plötzliche Angst auf, dass ich irgendetwas wichtiges vergessen habe zu machen. Da steht für ein paar Sekunden die Welt bei mir still in der Hoffnung, dass dem nicht so ist.
Mit dem zunehmenden Stresslevel und der beginnenden Depression vor zwei oder drei Jahren wurden aus der Unruhe Panik und manchmal sogar Panikattacken. Ich sage euch, Panikattacken sind echt der totale Horror! Das schlimmste ist für mich immer das Lähmungsgefühl, das ich dabei empfinde. Aber es ist keine Taubheit, sondern wie wenn man von einem Elektroschocker lahm gelegt wird (nicht, dass ich das schon erlebt hätte, aber so stelle ich es mir vor): Ich kann mich vor lauter Anspannung in meinem Körper nicht bewegen. Auch das Sprechen fällt mir dann schwer, was doppelt schlimm ist, da andere um einen herum oft nicht merken, wenn man eine Panikattacke bekommt und man sich nicht mitteilen kann. Meine Panikattacken kamen immer, wenn ich abends im Bett lag, sodass mein Schatz, der neben mir lag, nicht merken konnte, was los war. Es war ja dunkel und es ist ja ganz normal, dass man sich nicht bewegt, wenn man einschlafen will.
Neben der physischen Symptome sind auch die psychischen Symptome nicht zu verachten. Bei mir ist die  Derealisation, also eine verfremdete Wahrnehmung der Umwelt, sehr ausgeprägt. Wenn man jetzt nicht eh schon Angst und Panik hätte, dann würde alleine das doch schon ausreichen, um beides zu bekommen.

Auf Wikipedia habe ich diese Grafik zum Panik-Teufelskreis gefunden, die ich sehr gelungen finde:

Panikteufelskreis

Den Ausstieg zu finden ist die Crux an der ganzen Geschichte. Bislang habe ich da für mich noch keine Patentlösung gefunden. Es fällt mir auch immer wahnsinnig schwer, einfach zu akzeptieren, dass ich mich dann einfach so fühle wie ich mich fühle. Irgendwie ist in meinem Kopf verankert, dass ich einen Weg finden muss, wie ich mich selbst wieder beruhigen, die Gefühle also “wegmachen” kann. Mein Verstand kann mir da noch so lange einreden, dass es doch gar keinen rationalen Grund für die Panik gibt und dass die ganzen Dinge, die ich scheinbar erledigen muss, doch gar nicht so riesig sind, wie sie mir vorkommen. Das einzige, was dann passiert, ist, dass ich wütend auf mich selber werde, weil ich mich ja trotzdem panisch fühle, obwohl es keinen Grund dafür gibt. Super.
Aktuell arbeite ich daran, trotz der ganzen negativen Gefühle nicht völlig handlungsunfähig zu werden und zu resignieren. Ich halte mich dabei an dem Gedanken fest, dass es mir besser gehen wird, wenn weniger auf der ToDo-Liste steht, und ich daher einfach langsam anfange, die Aufgaben zu erledigen. Dabei nehme ich mir aber immer vor, nur eine einzige Sache erledigen zu müssen und danach zu schauen, wie es mir geht, ob ich eine Pause brauche oder was ich als nächstes machen will. Manchmal hilft es auch, die ToDo-Liste aufzuschreiben, wobei das oft erst geht, wenn die Panik etwas abgeebbt ist.

Die Panik zu spüren, zu akzeptieren und trotzdem weiterzuleben – ich glaube, dass ist zur Zeit das wichtigste, was ich lernen muss. Es gibt ja nichts, wovor ich wirklich fliehen könnte, denn ich müsste ja vor mir selber fliehen. Was das bedeutet, sollte klar sein – und das möchte ich ehrlich gesagt auf gar keinen Fall.

Habt ihr Erfahrung mit Panik und Panikattacken? Habt ihr einen Weg gefunden, damit umzugehen?

5 Comments

  • Hallo Julia, ich kenne mich leider auch aus mit Panikattacken. Bei mir habe ich festgestellt, dass ganz "einfache" Dinge oft der Auslöser sind. Ich habe derzeit ein kleines Baby und noch zwei kleine Kinder. Da schlafe ich nachts mitunter wenig, bzw muss mitten in der Nacht raus. Das ist für mich ein absoluter Stress, der durchaus Panik auslösen kann. Auch ein gestresster Blutzuckerspiegel durch sehr unregelmäßige Mahlzeiten bekommt mir gar nicht. Fernsehen habe ich komplett aufgegeben. Zu viele Bilder, zu hektisch, zu stressig für meinen Geist! Inzwischen habe ich verstanden, dass wir Menschen für diese wahnsinnig hektische Zeit nicht gemacht sind. Daher ernähre ich mich pflanzlich, regelmäßig, treibe gemäßigt Sport und gehe abends zwischen 21.00 Uhr und 22.00 Uhr ins Bett. Nie mehr gehe ich abends "feiern" oder bleibe lange auf. Alkohol trinke ich auch nicht, das bekommt mir auch nicht.

    Habe schon oft gehört, dass Andere mein Leben als eingeschränkt empfinden – ich sehe das völlig anders.

    Wenn ich in der Panik drin bin, rede ich sofort mit einer nahen Person. Mein Mann, meine Hebamme, meine Freundin, etc. SOFORT. Ich rufe im Notfall auch an und rede. Dann geht es meist schnell wieder weg.

    Was mir auch sehr hilft ist die Frage, was im schlimmsten Fall passiert. Also, wenn ich etwas wichtiges vergessen habe. Sind alle meine drei Kinder um mich rum? Prima, dann geht es denen gut, alles andere ist unwichtig. Habe ich also einen Termin vergessen, einen Geburtstag, einen wichtigen Job meinetwegen – es ist nicht lebensentscheidend. Also kann ich wieder atmen. Einatmen. Ausatmen.

    Keine Ahnung ob du dafür zugänglich bist, aber mir hilft dann auch immer beten..

    Ich grüße dich lieb und wünsche dir einen schönen, friedvollen Abend. Nina

    http://llovelyfreak.wordpress.com/

  • Die Sache mit der Panik kenne ich leider auch. Angst sowieso bei jeglichem Kontakt zu anderen Personen und Panik immer dann, wenn ich zu Orten/ Menschen muss wo ich länger nicht oder noch nie war. Meine Auslöser kenne ich daher sehr genau ;). So habe ich auch schon öfter Panikattacken bei Sport gehabt. Bin dann nicht wirklich gelähmt aber ich habe das Gefühl, als würde mein Körper sich eher steif und "roboterartig" bewegen. Ich finde man fühlt sich ungefähr wie ein "Reh", das mitbekommen hat, dass irgendwo Gefahr lauert. Die Sache mit der Atmung hab ich dabei auch sehr oft (bzw es wirkd hektisch und unregelmäßig), was den Sport nur noch erschwert…Irgendwie sorgt Kaugummi kauen bei mir dafür, dass zumindest meine Atmung gleichmäßiger wird.
    Ein wenig geholfen hat mir etwas, das ich in dem Buch "Painfully Shy" gelesen habe. Da soll man die Stärke der Panikatacke alle paar Minuten auf einer Skala von 1 bis 10 bewerten. Daran sieht man oft, dass es eigentlich garnicht so schlimm ist und man merkt, wie es weniger wird. Mich beruhigt das meist ein wenig.

    Ich wünsche dir viel Erfolg dabei mit der Panik umzugehen! Einen schönen Abend noch =)

  • Erst konnte ich es gar nicht einsortieren, Panik – was ist das denn?
    Aber so wie Ihr es beschreibt, ja inzwischen hat es eben einen Namen,
    die Brust verengt sich, als ob jemand zudrückt und das atmen fällt
    schwer, im Kopf dreht sich alles und das Blickfeld verengt sich,
    Geräusche klingen wie durch Watte und natürlich rebelliert der Magen bis
    zum übergeben…..und das alles während der/einer Autofahrt…..

    Leider habe ich auch noch kein Rezept dagegen gefunden…..

  • Hallo Julia,

    Leider kenne ich das auch, habe es nur nie als Panik angesehen. Eher als Krank…. denn es begann alles mit einer Krankheit:-(

    Es tritt bei mir immer auf, wenn

    – ungeplante Geldausgaben entstehen (Heizung kaputt usw.)
    – zu viel Input von Menschen, ich kann dann nicht denken
    – wenn jemand meine Überzeugungen kritisiert
    – und immer wenn ich kaputt oder müde bin und dann kommt noch etwas, was mir Stress bereitet…. Und anderes…

    Eine einzige Lösung Habe ich für mich gefunden, funktioniert, schaffe es aber nicht immer und es hängt ja auch von äußeren Umständen ab:

    Ich stelle mir. vor, dass ich in einem Kino sitze und die Panik spielt auf der Leinwand. Ich überlege mir, wie die Szene weitergehen sollte. Wie bei echten Filmen auch und durch diese Distanz kann ich ruhiger bleiben.

    Gruß
    Jens

  • Liebe Julia,

    ich verfolge deinen Blog schon recht lange und es gibt einige Themen die auch mich und meine Lebensumstände ansprechen!
    Für diese Paniksituationen habe ich ein paar ganz tolle Sätze, die mir sehr helfen und quasi schon zum Mantra geworden sind:
    Ich sitze am Fluss meiner Gedanken und springe nicht hinein!
    Ich bin der Himmel und nicht die Wolken!
    Ich bin das Meer und nicht die Welle!
    Auf mich wirkt das meist sehr beruhigend und ich versuche mir diese Sätze sooft wie möglich zu sagen und mich darauf zu konzentrieren… vielleicht kannst ja auch du damit etwas anfangen!

    Ich sende dir ganz herzliche Grüße, Jennifer

Schreibe einen Kommentar zu Nina Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert