Kennt ihr das auch: Ihr lest ein Buch zum zweiten Mal und es ist so, als ob ihr es davor noch nie gelesen hättet?
So geht es mir zur Zeit mit
Intuitive Eating (deutsche Ausgabe: Intuitiv abnehmen).
Vieles, was ich dort zur Zeit lese, ist völlig neu für mich! Ich glaube, das liegt hauptsächlich daran, dass ich beim ersten Lesedurchgang für vieles, das dort beschrieben wird, überhaupt nicht empfänglich war. Doch jetzt, wo ich keine Lust mehr habe auf vorgefertigte Essenspläne oder sonstige feste Ernährungsregeln, merke ich, wie die Grundessenz des Buches genau zu dem passt, was mich gerade sehr beschäftigt: Zu lernen, auf den eigenen Körper, seine Signale und seine Bedürfnisse zu hören.
Ich hatte in den letzten Jahren die feste Vorstellung, dass es da für mich nicht mehr viel zu lernen gäbe, da ich doch schon total im Einklang mit meiner Ernährung bin. Das mag für eine gewisse Zeit der Fall gewesen sein. Doch habe ich mich ja in den letzten beiden Jahren sehr verändert, was natürlich auch Auswirkungen auf meinen Körper und meine Einstellung zu Ernährung hatte. Mit für mich sonst üblichen Herangehensweisen wie das Planen der Mahlzeiten für die Woche und dem recht strikten Einhalten von Zeitabständen zwischen den Mahlzeiten komme ich einfach nicht mehr richtig zurecht.
Ich esse und fühle mich doch nicht richtig zufriedengestellt und satt. Da kann doch was nicht passen, oder? Aber wo liegt das Problem?
Das lässt sich natürlich nicht ganz eindeutig zuordnen, da Essen und Ernährung von vielen Faktoren bestimmt wird. Doch als ich in
Intuitive Eating das Kapitel “Honor Your Hunger” gelesen habe, habe ich gemerkt, dass ich hier an einem für mich wichtigen Punkt auf der Spur bin: Ich habe verlernt, wirklich richtig auf meinen Hunger zu hören.
Für mich teilt sich Hunger in zwei Komponenten auf:
Zum einen gibt es das physische Hungergefühl, wie z.B. wenn der Magen knurrt. Der Körper teilt uns dadurch mit, dass er Nahrung, also Energie und Nährstoffe braucht. Zum anderen zeigt uns unser Körper aber auch, was er gerade braucht. Das nehmen wir i.d.R. so wahr, dass wir Lust oder Appetit auf etwas bestimmtes haben.
In beiden Komponenten kann so einiges schief laufen, was dazu führt, dass man am Ende des Tages isst und isst und isst, sich aber trotzdem nicht richtig satt und zufrieden fühlt. Im Extremfall führt das langfristig z.B. zu Gewichtszunahme und zu unkontrollierten Essanfällen.
Ich habe in den letzten Monaten v.a. durch meinen neuen Tages- und Arbeitsrhythmus gemerkt, dass ich kein richtiges Gespür mehr dafür hatte, wann bei mir das physische Hungergefühl beginnt. Früher habe ich darauf nicht so sehr geachtet, da ich durch meinen recht gleichmäßigen Tagesablauf bei der Arbeit eigentlich immer etwas essen konnte. Ich konnte mich recht fest an eine Pause von 2,5-3 Stunden zwischen den Mahlzeiten halten. Dabei habe ich aber nicht richtig gelernt, mein Hungergefühl wirklich wahrzunehmen.
Jetzt passiert es mir recht häufig, dass ich scheinbar ganz plötzlich einen Mordshunger habe. Ich fühle mich total ausgehungert! Das Problem an diesem extremen Hungerzustand ist, dass man ganz leicht in einen unkontrollierbare Essattacke reinrutscht, da man alles essen will, was einem in die Finger kommt. Unser Körper reagiert in diesem Zustand mit Überkompensation, sobald was Essbares in der Nähe ist. Ich finde es sehr schwierig, in diesem Zustand Ruhe zu bewahren und mit Achtsamkeit zu essen.
Bevor sich der Mordshunger meldet, hat der Körper aber schon viele andere Hungersignale gesendet, die ich aber nicht mehr richtig wahrgenommen habe. Einerseits, weil ich sie nicht als solche erkannt habe, andererseits, weil ich sie auch nach dem Motto “Ich kann doch jetzt nicht schon wieder Hunger haben” ignoriert habe.
Seit ich versuche, meinen Hunger bewusster wahrzunehmen, habe ich schon feststellen können, dass z.B. leichte Kopfschmerzen oder ein schwummriges Gefühl im Kopf auch ein Zeichen von Hunger sein können. Dieses Art von Hungergefühl spüre ich v.a. am Vormittag oder wenn ich länger was am Rechner gemacht habe (also eher kopflastig beschäftigt war). Der Hunger, den ich ich Magen spüre, kündigt sich oft schon mit einem leicht flauen Gefühl und Grummeln an, bevor es zum richtigen Magenknurren kommt.
Da die Blockade gegenüber unseren Hungergefühlen aber im Kopf liegt, muss man auch hier ansetzen. Das kann z.B. bedeuten, dass man sich erst bewusst sagen muss, dass es ok ist etwas zu essen, auch wenn man noch keinen Riesenhunger hat oder die letzten Mahlzeit doch noch gar nicht so lange her ist.
Speziell wenn man das Gefühl hat, dass man total schnell nach einer doch eigentlich ausgewogenen Mahlzeit wieder Hunger hat, kann es sein, dass man die zweite Hunger-Komponente – die Lust oder den Appetit auf etwas bestimmtes – nicht richtig beachtet. Dazu kann es kommen, wenn man einen vorgegebenen Essensplan einhält oder auf bestimmte Lebensmittel bewusst verzichtet bzw. man sich nach festen Regeln ernährt, wie z.B. nachmittags und abends kein Obst mehr zu essen.
Für mich ist das gerade eine sehr interessante Erfahrung und es ist spannend zu sehen, auf was ich denn wirklich Appetit habe. Natürlich kann ich das nicht immer ganz frei für jede Mahlzeit entscheiden, da ich ja auch arbeiten gehe und dafür außer Haus bin. Doch habe ich mir jetzt schon öfter v.a. bei den Snacks mehrere Alternativen von herzhaft/salzig bis fruchtig/süß eingepackt, sodass ich immer noch eine gewisse Entscheidungsfreiheit habe. Es fühlt sich außerdem ganz gut an, auch in Sachen Essen nicht immer alles im Voraus wissen zu müssen.
Für mich ist das gerade eine sehr spannende Reise in Sachen Ernährung. Natürlich klappt es an manchen Tagen besser, auf meinen Hunger zu hören, als an anderen. In Summe habe ich aber das Gefühl, dass ich weniger essen und trotzdem länger satt und viel zufriedener bin – und das, obwohl ich ja erst seit kurzem bewusster darauf achte.
Wie nehmt ihr eure Hungersignale war? Habt ihr den Eindruck, ihr seid da schon sehr feinfühlig oder gibt es bei euch auch allzu oft den Bärenhunger? Konntet ihr schon unterschiedliche Hungersignale identifizieren?
Hallo Julia,
ich habe mir das Buch auch besorgt und lese. Es ist super. Denke, werde es auch öfters Leben. Das Gefühl für Essen habe ich verloren, ich habe kein Gefühl für Satt sein. Früher habe ich mich täglich mit Essen getröstet. Der dank, viel Übergewicht und Körperliche Beschwerden. War total unglücklich mit meiner Arbeit, die habe ich vor 2 Jahren aufgegeben. Mein Leben total umgekrempelt, bin in eine andere Stadt gezogen, neuer Job (den ich total liebe), lebe bei meinem Freund und seinen Kindern. Es ist alles super, doch mein Problem mit dem Essen stört mich. Ich hoffe das ich durch das Buch etwas lernen kann. Liebe Grüße Steffi
Liebe Julia,
das ist ein sehr interessanter Artikel, den ich gerade "verschlungen" habe (passt doch zum Thema :-). Ich beschäftige mich jetzt seit zwei Jahren intensiv mit meiner Ernährung und merke auch immer mehr, dass ich überhaupt nicht weiss oder fühlen kann, worauf ich z.B. wirklich Hunger habe. Auch habe ich meinen physischen Hunger lange Zeit erst dann wahrgenommen, wenn mir schon fast übel vor Hunger wurde. Inzwischen spüre ich schon die feineren Nuancen heraus und merke gerade, wie mein Körper auch auf meinen "emotionalen Hunger" reagiert und wie z.B. emotionale Zustände das physische Hungergefühl u.a auch verstärken können. Es ist sehr interessant das zu merken.
Dieses von Dir empfohlene Buch werde ich mir auch mal anschauen, weil mich das Thema sehr interessiert. Gerade heute gehen mir all diese zig Glaubenssätze darüber, wie und was man essen soll, nur noch auf den Nerv. Ich hab schon so ziemlich alles befolgt und ausprobiert und bin doch dick geworden und da merke ich inzwischen sehr deutlich, dass das mitunter auch daran liegt, dass ich nie gelernt habe, intuitiv zu essen. Inzwischen gelingt es mir aber besser und mich wundert auch immer wieder, dass mein Körper immer nur die guten und gesunden Dinge will – im Gegensatz zur Psyche…
Ich denke, das ist ein weites Feld, auf dem jeder seinen eigenen Weg finden muss!
Liebe Grüsse
Clara
Liebe Julia
Das hört sich sehr spannend an – ich glaube, oftmals erfasst man beim Lesen von Büchern nur diejenigen Dinge, die jetzt gerade wichtig für einen selbst sind. Ich merke momentan recht zuverlässig, wann ich Hunger habe, sobald mein Magen beginnt zu knurren 🙂
Liebe Grüsse
Ariana