Wo stehe ich im Leben?

Seit dem Marathon war es ruhig hier auf dem Blog. Doch in meinen Gedanken war es auch schon in den Wochen davor alles andere als ruhig. Je mehr ich körperlich über meine Grenzen hinausging, desto mehr habe ich gemerkt, dass es auch in anderen Lebensbereichen wieder darum geht, Grenzen aufzubrechen. Mit Grenzen meine ich Vorstellungen und Erwartungen, die ich zu bestimmten Dingen in meinem Leben hatte, bei denen es an der Zeit war, sie genauer anzuschauen und auch in Frage zu stellen (und wahrscheinlich gibt es da noch eine Menge mehr). Doch ging es auch darum, mir wirklich bewusst zu machen, wo ich überall schon alte Gedanken- und Verhaltensmuster aufgebrochen und mich weiterentwickelt hatte.

Wo stehe ich im Leben
Ursprüngliche Bildquelle: Rainer Sturm/pixelio.de 


Nach den “großen” Veränderungen im Außen hat sich der Veränderungsprozess in diesem Jahr immer mehr nach Innen gerichtet. Immer häufiger kam für mich die Frage auf, wo ich im Leben eigentlich stehe. So auch wieder in den Wochen vor dem Marathon und in der Zeit danach. Ich glaube, dass mir Marathon und Vorbereitung nochmals ganz deutlich aufgezeigt haben, welche alten Muster für mich nicht mehr funktionieren und dass ich ohne sie ein viel zufriedeneres Leben führe. Gleichzeitig hat sich aber auch eine große Unsicherheit in mir ausgebreitet, da ich auf einmal das Gefühl hatte, dass ich mich auf gar nichts mehr verlassen kann. Ich weiß zwar, dass viele alten Muster und Denkweisen nicht mehr zu mir passen, aber für die meisten hatte ich scheinbar auch noch keinen “Ersatz” gefunden.
Ich ertappe mich auch heute noch dabei, dass z.B. eine Sehnsucht nach alten Strukturen aufkommt, wie dem Büro-Arbeitsalltag oder alles in ToDo-Listen zu organisieren. Damit verbinde ich im ersten Moment immer noch Sicherheit und auch eine gewisse Vertrautheit. Doch dann fällt mir schnell wieder ein, dass mir das nicht mehr hilft, sondern dass ich mir genauer anschauen muss, warum ich mich gerade unsicher fühle und was da an mir nagt. Dafür gibt es aber kein Patent-Rezept, keinen 5-Schritte-Plan, keine Versicherung, dass man nach einer bestimmten Zeit schon die Antwort parat hat. Da erscheint mir meine frühere Herangehensweise so einfach: Kurz mal eine ToDo-Liste geschrieben, mich emotional von meinen Konflikten distanziert und schon ging’s mir besser – zumindest für eine gewisse (leider kurze) Zeit. Und jetzt habe ich ab und zu das Gefühl, als ob ich das Rad jedes mal neu erfinden müsste, um emotionalen Druck abzubauen.

Das Schöne daran ist aber, dass ich durch diesen Prozess immer mehr Selbstvertrauen zurückbekomme. Vertrauen, dass ich jede Aufgabe, jede Situation für sich angehen kann, nicht gleich eine Lösung haben muss, aber im Lauf der Zeit eine Lösung finden werde, die zu mir passt und mit der ich glücklich bin. Ich habe gelernt, wie viel lebendiger das Leben ist, wenn man nicht immer nach Schema F verfährt, sondern sich immer wieder neu auf etwas einlässt und versucht, das ganze Gefühlsspektrum zuzulassen (was ja oft zu ein und der selben Sache ganz gegensätzliche Gefühle mit sich bringt). Und so wird der für mich bis dato oft langweilige, öde und nicht erwähnenswerte Alltag immer mehr zu einem erfüllenden Erlebnis, wobei ich da noch ein bisschen Arbeit vor mir habe.

Womit wir wieder beim Thema Marathon wären. Denn als ich während der letzten Wochen der Vorbereitung hier auf dem Blog darüber berichtet hatte, war ich fast schon ein bisschen traurig bei dem Gedanken, dass der Marathon ja irgendwann vorbei sein würde. Ich hatte das erste Mal seit langem wieder richtig Spaß am Schreiben, da ich mir vorgenommen hatte, ganz ehrlich über die Höhen und Tiefen zu berichten. Aber brauche ich wirklich immer eine neue “große” Herausforderung als Aufhänger fürs Schreiben? Die Frage hat mich seit dem Marathon beschäftigt und ich habe das erste Mal auch den Blog wirklich in Frage gestellt. Dabei war ich mir bewusst, dass ich zu dem Entschluss hätte kommen können, den Blog nicht weiterzuführen. Doch ist dieses Kapitel für mich noch nicht abgeschlossen. Wie soll es hier also weitergehen?
Ich glaube, ich möchte den Blog noch mehr dazu nutzen, mir selber aufzuzeigen, wo ich im Leben stehe. Für mich heißt das: Weniger öde Leistungsschau und mehr wahres Leben. Was passiert in meinem Alltag? Worüber freue ich mich und was macht mich traurig? Was sind die ganzen Kleinigkeiten, die das Leben so wertvoll machen? Natürlich wird es weiterhin um Themen wie leckeres und gesundes Essen, Sport, Kochen, Fitnesstraining, Laufen, neue Herausforderungen etc. gehen, denn das interessiert mich persönlich einfach immer noch sehr.Doch möchte ich mich auch hier von alten Begrenzungen befreien, dass ich z.B. erst mal super tolle Fotos brauche, um ein Rezept online zu stellen, wo doch vielleicht auch ein Schnappschuss mit dem Handy oder ein Instagram-Bild als Inspirationsquelle völlig ausreichend ist. Wie es genau weiter geht, weiß ich jetzt noch nicht. Ich weiß nur: Es wird weitergehen.

Seit also gemeinsam mit mir gespannt darauf, was hier auf dem Blog in Zukunft online geht!

1 Comment

  • Ein wirklicher schöner, gefühlvoller Artikel, liebe Julia!
    Ich wünsch dir ganz viel Gelassenheit und freu mich auf viele neue Blogeinträge! 🙂
    lg tanja

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