Das wärmere Wetter und die länger werdenden Tage sind für viele ein Grund, sich wieder öfter die Laufschuhe zu schnüren oder sich aufs Fahrrad zu schwingen. Ich kann das sehr gut verstehen, denn es ist einfach wunderbar, wenn man nicht mit fünf Kleidungsschichten oder bei Dunkelheit zum Laufen geht. Doch egal ob du dein Ausdauertraining mit Laufen, Radfahren oder Schwimmen bestreitest: Dir sind bestimmt schon ein paar Begriffe begegnet, bei denen du zunächst nur Bahnhof verstanden hast. Da wird von VO2max, GA1, der aeroben Schwelle und vielen weiteren Dingen gesprochen und du fragst dich, ob du das alles überhaupt wissen musst. Eigentlich willst du doch nur den Kopf frei bekommen, wenn du nochmal in die Abendsonne hinausgehst. Wenn du aber dennoch deine Ausdauerleistungsfähigkeit verbessern möchtest, dann lohnt sich ein Blick in den Fachjargon, da es dich bei der Trainingsgestaltung unterstützt. Daher habe ich ein paar grundlegende Begriffe heute für dich zusammengestellt und (hoffentlich ganz leicht) verständlich erklärt.
Ausdauerleistungsfähigkeit
Beginnen wir mal mit dem grundlegendsten Begriff: Was versteht man eigentlich genau unter Ausdauer bzw. Ausdauerleistungsfähigkeit? Die Ausdauerleistungsfähigkeit besteht aus zwei Aspekten. Den ersten hast du bestimmt auch schon direkt im Kopf, nämlich dass man eine gegebene Belastung möglichst lange durchhalten kann. Hierbei geht es sowohl um die körperliche als auch um die geistige Ermüdungswiderstandsfähigkeit. Der zweite Aspekt dreht sich darum, was nach einer Belastung passiert, also wie schnell du dich anschließend wieder erholen kannst. Diese sogenannte Regenerationsfähigkeit bezieht sich nicht nur auf die Zeit zwischen zwei Trainingseinheiten, sondern auch auf die Zeit zwischen einzelnen Belastungssequenzen innerhalb einer Trainingseinheit.
Aerob und anaerob
Diese beiden Begriffe bezeichnen die Art der Energiebereitstellung in den Zellen. Diese kann entweder aerob – also mit Sauerstoff – oder anaerob – ohne Sauerstoff – ablaufen.
Die aerobe Energiebereitstellung nutzt als Energielieferanten Kohlenhydrate und Fette, die im Zitronensäurezyklus vollständig verbrannt werden. Diese Form der Energiebereitstellung braucht etwas länger, bis sie „in Gang“ kommt, da ausreichend Sauerstoff verfügbar sein muss. Das heißt aber auch, dass sie nicht mehr weiterlaufen kann, wenn die Sauerstoffversorgung bei andauender Belastung bzw. ab einer bestimmten Intensität nicht mehr im benötigten Maß aufrechterhalten werden kann.
Bei der anaeroben Energiebereitstellung stehen neben den Kohlenhydraten auch die energiereichen Phosphate zur Verfügung. Die Energie kann hier ganz schnell erzeugt werden, sodass sie den Zellen zu Beginn einer Belastung direkt zur Verfügung steht. Die Energieausbeute ist nur leider nicht so groß und im Fall von Kohlenhydraten ist die Verbrennung unvollständig. Als „Abfallprodukt“ fällt Laktat an.
Aerobe Schwelle (AS)
Die aerobe Schwelle ist der Belastungsbereich, bei dem die Muskulatur über einen längeren Zeitraum nicht mehr rein aerob arbeitet, sondern auch die anaerobe Energiebereitstellung „anspringt“. Dies kann über einen Anstieg des Laktat-Wertes im Blut gegenüber dem Ruhewert gemessen werden. Daher wird die aerobe Schwelle auch als minimales Laktatäquivalent oder Basislaktat bezeichnet.
Die Belastungsintensität ist in diesem Bereich zwar minimal, stellt jedoch die Mindestgrenze dar, um Trainingseffekte, also eine Leistungssteigerung zu erreichen. Belastungen unter der aeroben Schwelle haben keinen Trainingseffekt.
Anaerobe Schwelle (ANS)
Die anaerobe Schwelle ist die Grenze des maximalen Laktatgleichgewichts, bei dem sich Laktatproduktion und –abbau noch die Waage halten. Sie wird auch als individuelle anaerobe Schwelle, aerob-anaerobe Schwelle oder Laktatschwelle bezeichnet. Bei Belastungen in diesem Bereich erfolgt die Energiebereitstellung größtenteils durch Kohlenhydrate. Im Intensitätsbereich oberhalb der anaeroben Schwelle fällt mehr Laktat an als abgebaut werden kann, sodass es zunehmend zu Leistungseinbußen kommt, da das Laktat die Energiebereitstellungsprozesse hemmt.
VO2max – die maximale Sauerstoffaufnahme
Die maximale Sauerstoffaufnahme, kurz VO2max, stellt die Leistungsfähigkeit der Sauerstoffversorgung des Körpers dar. Hierbei spielen drei Systeme zusammen: Die Sauerstoffzufuhr über die Atmung, der Sauerstofftransport über das Herz-Kreislaufsystem und das Blut sowie die Sauerstoffverwertung in der Muskulatur. Im Zusammenhang mit der Ausdauerleistungsfähigkeit ist weniger ein besonders hoher VO2max-Wert entscheidend, sondern dass man über einen möglichst langen Zeitraum einen möglichst großen Anteil seiner VO2max belasten kann.
Grundlagenausdauer
Wie der Name schon sagt, bezeichnet die Grundlagenausdauer die Grundlage der Ausdauerleistungsfähigkeit, also das, was du grundlegend brauchst bzw. primär aufbauen solltest, wenn du deine Ausdauerleistungsfähigkeit steigern möchtest. Doch was ist diese Grundlage? Es geht hierbei um eine Ausdauerleistungsfähigkeit im aeroben Bereich, bei der mehr als 1/6 (manche Definitionen sagen auch mehr als 1/7) der Skelettmuskulatur zur Bewegung eingesetzt wird. Kurz gesagt: Langes und langsames Laufen, Radfahren, Rudern, Schwimmen, Langlaufen usw. verbessern die Grundlagenausdauer.
Grundlagenausdauer 1 (GA1)
Wenn man die Grundlagenausdauer noch etwas differenzierter betrachten und trainieren möchte, trifft man auf Grundlagenausdauer 1 + 2. Grundlagenausdauer, wie oben beschrieben, und Grundlagenausdauer 1 kann man prinzipiell gleichsetzen, denn ein Training im GA1-Bereich kennzeichnet sich durch ein Training im aeroben Bereich, aber oberhalb der aeroben Schwelle, also lange/längere Einheiten bei geringer Intensität. In diesem Bereich wird z.B. der Fettstoffwechsel verbessert.
Grundlagenausdauer 2 (GA2)
Ein Training der Grundlagenausdauer 2 findet bei einer höheren Intensität statt, nämlich mehr im Bereich der anaeroben Schwelle. Durch die höhere Intensität sind diese Trainingseinheiten oft kürzer. In diesem Bereich wird z.B. der Kohlenhydratstoffwechsel verbessert.
REKOM
Wenn von einer REKOM-Einheit die Rede ist, geht es um REgeneration und KOMpensation. Es geht um eine aktive Erholung (anstatt sich nur faul auf dem Sofa zu regenerieren, was natürlich auch mal sein muss). Die Belastung ist im aeroben Bereich UNTER der aeroben Schwelle. Es soll sich also nicht anstrengend anfühlen. Das kann z.B. ein Spaziergang, ganz lockeres Fahrradfahren oder Schwimmen sein.
Dauermethode
Kommen wir nun zu verschiedenen Trainingsmethoden bzw. –gestaltungsmöglichkeiten im Ausdauertraining.
Die Dauermethode kennzeichnet Trainingseinheiten, bei denen es zu einer dauerhaften trainingswirksamen Belastung über einen bestimmten Zeitraum (meist einen längeren) kommt.
Bei der kontinuierlichen Dauermethode hat man über die Trainingseinheit hinweg eine gleichbleibende Belastung, z.B. wenn man in einem Tempo läuft. Bei niedriger Intensität, also im REKOM- und GA1-Bereich, spricht man von der extensiven Dauermethode. Bei höherer Intensität im GA2-Bereich spricht man von der intensiven Dauermethode.
Daneben gibt es noch die variable Dauermethode, bei der es zwar auch zu einer dauerhaften Belastung kommt, die Belastungsintensität aber zwischen höher und niedriger wechselt. Die variable Dauermethode findet meist im GA2-Bereich statt.
Intervallmethode
Bei der Intervallmethode besteht die Trainingseinheit aus Intervallen, die sich wiederum aus einer Belastung und einer Pause zusammensetzen. Sie kennzeichnet sich also durch einen Wechsel aus Belastungs- und Erholungsphasen – im Unterschied zur variablen Dauermethode, bei der die Phasen mit niedriger Intensität keine Erholungsphasen darstellen. Wichtig ist bei der Intervallmethode jedoch, dass es v.a. mit zunehmender Dauer der Trainingseinheit zu keiner vollständigen Erholung in den Erholungsphasen kommt.
Auch hier kann zwischen extensiv und intensiv unterschieden werden. Die extensive Intervallmethode zeichnet sich durch längere Belastungsphasen, die daher eine niedrigere Intensität haben, und vergleichsweise kurzen Erholungsphasen aus. Bei der intensiven Intervallmethode sind die Belastungsphasen kurz und hochintensiv, die Erholungsphasen daher vergleichsweise länger. Ein solches Intervalltraining findet im GA2-Bereich statt.