Warum ich öfter Hilfe annehmen und darum bitten möchte

Die letzten paar Wochen hat es ganz schön in mir gearbeitet, da ich den Dingen, die mich so umtreiben, wieder mehr Raum zugestanden habe. Dabei hat mich eine Sache innerlich ganz besonders aufhorchen lassen: Warum fällt es mir eigentlich so schwer, Hilfe anzunehmen, die mir angeboten wird? Dass ich nicht so gerne um Hilfe bitte, das ist mir schon lange bewusst, aber jetzt ist mir auch aufgefallen, wie oft ich angebotene Hilfe ablehne.

Und das geht schon bei ganz kleinen Dingen los. Wenn man mich fragt, ob man mir das Babybreigläschen aufmachen kann, mit dem ich gerade rumhantiere, während ich gleichzeitig Adrian auf dem Arm habe, so lautet meine Antwort „Ne, geht schon.“. Dieses „Ne, geht schon.“ ist mir v.a. im Urlaub oft über die Lippen gekommen, wenn mein Papa oder mein Bruder ihre Hilfe mit Adrian angeboten haben.

Doch da gibt es dann auch die Situationen, in denen ich gereizt reagiere, weil man mir keine Hilfe anbietet, wo für mich sonnenklar ist, dass ich Unterstützung bräuchte. Meine Art, darum zu bitten, hört sich dann ungefähr so an: „Danke, dass du mir nicht beim Tragen der schweren Taschen hilfst.“ – natürlich im pampigsten Ton, den ich auf Lager habe. Mein Mann hat da schon mal ganz unverblümt geantwortet: „Sonst soll ich dir ja auch nicht helfen.“ Bähm, das hat gesessen. Irgendwann bieten dir andere ihre Unterstützung einfach nicht mehr an, weil das ständige Ablehnen den Eindruck hinterlässt, dass man eh keine Hilfe haben möchte. Da stand ich am Ende schon einige Mal ziemlich bedröppelt da, weil ich mich ganz schön allein (gelassen) gefühlt habe.

Warum ich so meine Probleme mit der Hilfe habe

Der Einzelkämpfermodus hat bei mir zwar nicht mehr ganz so oft das Zepter in der Hand, treibt im Hintergrund aber immer noch sein Unwesen. Ich will also gerne alles selber machen, denn dann habe ich nicht nur volle Kontrolle, ich zeige dadurch ja auch nach außen, wie fähig und kompetent ich bin.

Wenn ich also Hilfe bei etwas angeboten bekomme, zudem ich selber in der Lage bin, z.B. weil die Einkaufstaschen wirklich nicht so schwer sind oder weil ich ein Babybreigläschen selber aufbekomme, wenn ich Adrian auf dem Arm habe, dann irritiert mich das ehrlich gesagt ein bisschen. Da geht ganz schnell der Gedanke „Seh ich etwa so aus, als ob ich das nicht selber hinbekommen würde?“ durch den Kopf. Da ist also die Angst, jemand könnte mich für unfähig halten – und das bei etwas, das mir doch mehr oder weniger leicht fällt! Das geht ja gar nicht! Also sag ich „Ne, geht schon.“ und mache es selber.

Das heißt natürlich auch, dass ein Bitten um Hilfe für mich immer ein kleines Eingeständnis meiner Unfähigkeit ist. Es gibt eine Handvoll Menschen, da macht mir dieses vermeintliche Eingeständnis nicht so viel aus, aber ich frage wirklich oft nicht um Hilfe, weil dann die Unsicherheit hochkommt, was man über mich denken könnte. Ich bin da so gehemmt, dass ich noch nicht einmal die richtigen Worte zum Fragen finde. Und dann ist da immer noch das Risiko der Ablehnung. Was, wenn jemand meine Bitte ablehnt, wo es mir doch eh schon so schwer gefallen ist zu fragen? Das ist echt eine verzwickte Situation.

Wenn ich den Spieß umdrehe, mir also anschaue, was mit so durch den Kopf geht, wenn ich jemandem Hilfe anbiete oder mich jemand um Hilfe bittet, dann ist da nur selten der Eindruck da, wie unfähig mein Gegenüber doch ist. Ganz frei bin ich von diesem Gedanken zwar nicht – manchmal denke ich schon „Och, bekommst du das jetzt nicht selber hin?“ -, aber meistens freue ich mich sehr, wenn ich um Hilfe gebeten werde oder wenn jemand mein Angebot annimmt. Vielleicht geht es da also doch um mehr.

In Verbindung mit anderen treten

Was wäre, wenn es beim Sich-Gegenseitig-Helfen weniger darum geht, ob man etwas kann/hinbekommt/schafft oder nicht, sondern um das, was zwischen mir und meinem Gegenüber passiert, wenn wir uns auf das Helfen einlassen? Mal davon abgesehen, dass man ja wirklich nicht immer den schwersten Weg gehen und sich beim Einkaufstaschentragen und Gläschenaufmachen abmühen muss, wenn jemand in der Nähe ist, so entsteht da etwas Gemeinsames, eine gemeinsame Erfahrung, da ich mit dem anderen in Verbindung trete, ihn in mein Leben lasse. Oft ist auf beiden Seite Freude zu spüren, egal ob man nun um Hilfe gebeten wurde oder man um Hilfe bittet. Mir geht’s zumindest so (wie oben geschrieben), sodass es anderen bestimmt auch so geht. Sich mit anderen verbunden fühlen und sich dabei auch noch freuen. Das Leben kann so einfach sein.

Ich versuche daher, mein „Ne, geht schon.“ so oft es geht aufs Abstellgleis zu befördern. Letztens beim Babyschwimmen, als ich mit Adrian und dem Schwimmreifen gekämpft habe, hat das tatsächlich schon geklappt, als mir eine andere Mama anbot, den Schwimmreif für mich zu festzuhalten, damit ich Adrian reinsetzen konnte. Ich hätte das natürlich auch irgendwie selber hinbekommen, aber so war es nicht nur viel einfacher, ich hab mit meiner Helferin im Rest der Stunde auch viel mehr geredet als sonst. Ich hoffe, dass mir das in Zukunft noch öfter gelingt, und will daher für Hilfeangebote besonders achtsam sein. Denn ich glaube, dass mir das Ablehnen schon so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass ich den Großteil der Hilfeangebote gar nicht wahrnehme und direkt meinen Ablehnungsspruch aufsage. Gleichzeitig will ich öfter über meinen Schatten springen und selber um Hilfe bitten. Kann doch nicht so schwer sein, oder?

Ich bin gespannt, was passiert, wenn ich mehr Hilfe und dadurch mehr Verbundenheit und Freude in mein Leben lasse!

 

2 Comments

  • Oftmals hilft die Betrachtungsweise aus dem großen Spannungsbogen des MenschSeins.
    Zuletzt hatten wir Jahre des Einzelkämpfertums. Sie kamen durchaus auch aus der *Befreiung des Einzelnen* in den 60er,70er,usw.-Jahren, bzw. wenn wir es noch weiter zurück betrachen – aus der Zeit der Revolution – denn die Jahrhunderte davor, war Mensch mehr oder weniger geknechtet und unfrei.

    Was für uns liegt, ist das neue Wir – und das neue Miteinander. Da dürfen wir uns gemeinsam hineinbewegen, übend. Im Sinne von „Ich bin eine Meisterin, die übt“.

    Hab eine wundervolle Zeit des Übens …….. liebe Julia.

    Herzensgrüße aus Tirol, Daniela

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